12.08.2015 Kalaloch Campground – Lake Quinault, 60 km

Der heutige Bericht wird für einmal etwas kurz ausfallen. Einerseits weil mir heute die Worte irgendwie nicht in den Sinn kommen, andererseits weil auch auf der Fahrt nicht viel passiert ist.

Wir schlafen alle wieder einmal tief und gut. Um halb acht stehen wir auf und nehmen es gemütlich mit dem Frühstück und dem Laden unserer Velos. Erst um 10 Uhr fahren wir los, auf der 101 runter am Strand entlang. Aber leider auch hier ohne den Pazifik auch nur ein kleines Bisschen zu sehen. Die Bäume stehen dicht und verhindern die tolle Aussicht auf die wilde Brandung. Das Rauschen des Ozeans konkurrenziert sich mit dem Rauschen der vorbei ziehenden Autos. Wir stoppen noch einmal bei einem Fussweg, welcher zum Pazifik raus führt und wir geniessen noch einmal die tolle Aussicht auf Strand, Wellen und die Unendlichkeit. Schade, dass wir heute schon wieder ins Landesinnere fahren. Die kurze Zeit gestern am Strand sowie der unglaublich schöne Sonnenuntergang haben aber unsere Sehnsucht nach dem offenen Pazifik gestillt und wir sind zufrieden.

Ein bisschen Unzufriedenheit stellt sich bei mir nach den ersten Minuten ein. Ein tiefes Donnergrollen in der Ferne und eine kurze Zeit später unser erster richtiger Regenguss. Wir ziehen den Kindern schnell die Regenkleider an, für uns reichen die Überschuhe aus, denn in den Regenkleidern würden wir viel zu fest schwitzen. Doch kaum haben wir all die Sachen ausgepackt und angezogen, ist der Spuk auch schon wieder vorbei… Nun wird die Strasse enger und enger, der für uns immer angenehme Seitenstreifen, welcher uns auch Sicherheit vermittelt, ist plötzlich verschwunden und die Strasse ist nicht breiter als eine normale Hauptstrasse in der Schweiz. Hier sind aber 60 mph erlaubt, das heisst, offiziell dürfen die 96 km/h fahren. Aber wie man sich vorstellen kann, arbeiten die Logging-Truck-Driver wahrscheinlich nach den abgelieferten Tonnagen und wollen so viele Fahrten wie möglich in ihren Arbeitstag packen. Somit sind die 96 km/h nicht wirklich ernst zu nehmen – hier wird ein Rennen gefahren, und zwar mit x-Tonnen hinten auf der Ladefläche! Und dazwischen noch die unfähigen Camper-Fahrer. Die meisten von ihnen beherrschen zwar ihr Fahrzeug, aber es gibt immer wieder welche, die nicht wissen, was sie hinter sich her ziehen. Einer zum Beispiel überholt uns ohne sich gross um uns zu kümmern, er kommt uns sehr nahe. Das wäre ja noch eins, aber wahrscheinlich hat er auf dem Campingplatz, welcher keine Stromanschlüsse hat, seinen Stromgenerator benutzt und ihn dann hinten auf seiner kleinen Ladefläche nicht richtig befestigt. Dieser hängt nämlich an einem Seil und wird ca. 2 Meter hinter dem Camper auf der Strasse her geschleift. Es funkt und spritzt gleichzeitig Benzin – nicht die beste Mischung… Und natürlich schwingt er noch von einer Seite zur anderen. Wir haben riesiges Glück, dass uns dieser hinten her geschleifte Stromgenerator nicht trifft. Neben dem Generator hängt an einem anderen Seil noch ein Reserverad, welches auch auf der Strasse mitgezogen wird. Der Fahrer merkt nichts von all dem, wie soll er auch, denn dieses Szenario spielt sich ca. 15 Meter hinter seiner Führerkabine ab. Auch das ohrenbetäubende Schleifgeräusch hört er nicht, wahrscheinlich hat er während seiner Fahrt sein Hörgerät abgeschaltet. Ich will diesem Fahrer nicht zu nahe treten, aber wir haben bisher so einiges beobachtet. Einmal haben wir gesehen, wie ein älterer Herr nur noch mit seiner Gehhilfe aus dem Wohnmobil steigen konnte, solche wie wir sie bei uns in den Altersheimen herumstehen sehen. Er hat rückwärts sein 20 Meter Wohnmobil einparken wollen und musste sicher 4 – 5 Mal mit einem enormen körperlichen Aufwand aussteigen, nach hinten schauen gehen wie sein Reisebus steht und wieder rein klettern, ein paar Zentimeter weiter nach hinten fahren und wieder nachschauen gehen etc. Mit solchen „vertrauenswürdigen“ Wohnmobil-Chauffeuren müssen wir die Strasse teilen.

Zurück zum nachgeschleiften Stromgenerator… Wir haben immer wieder ein weiteres Teil des Generators auf der Strasse liegen sehen. Um den mitten auf der Strasse liegen gebliebenen Benzintank haben sich schliesslich einige Arbeiter des US Forest Services gekümmert. Ca. 5 Meilen später sehen wir, dass ein Mann in ziemlich fortgeschrittenem Alter sein total deformiertes Reserverad neu auf der hinteren Ladefläche befestigt – das Seil welches vorhin ein schwerer Stromgenerator nachgezogen hat, hängt ohne seine Last am Wohnmobil. Wir überholen ihn und kurze Zeit später fährt er wieder so nah an uns vorüber, dass ich mich nicht mehr halten kann, ohne ihm ein ziemlich unanständiges Handzeichen hinterher zu winken. Dies passiert mir heute übrigens noch zwei bis drei weitere Male. Meine Nerven liegen irgendwann einfach blank. Wir sind nun schon ziemlich viele Kilometer auf den Nordamerikanischen Strassen mit unseren Velos gefahren, aber so gefährlich wie heute war es meines Erachtens noch nie. Ich habe mehr in den Rückspiegel geschaut als nach vorne. Das absolut schwachsinnigste Überholmanöver führt dann doch ein professioneller Fahrer eines Logging-Trucks durch. Er kommt von hinten angebraust wie eine auf Volldampf beschleunigte Dampflock, auf der Gegenfahrbahn weit und breit kein Auto, aber er hat das Gefühl er müsse seiner Spur folgen ohne einen Zentimeter davon abzukommen. Er ist bestimmt mit über 100 Sachen unterwegs und wir haben das Gefühl, dass er höchstens mit einem 40 Zentimeter Abstand neben uns durch braust. Das ist das höchste aller schlechten Gefühle und neben meiner sehr unhöflichen Handbewegung kommen auch noch einige ganz wüste Wörter aus meiner Kehle raus. Und hinter mir gibt Lorin auch all seine schlimmsten Flüche von sich – und er sagt sonst in solchen Situationen wirklich nicht viel.

Ok, so viel zu der heutigen Fahrt. Ausser den paar Gangster-Fahrern sehen wir heute viele Bäume und einige sehr schlimm abgerodeten Waldflächen. An unserem Zielort in Quinault treffen wir auf einen Camper mit Nummernschilder aus St. Gallen. Ein Ehepaar ist hier beim Einkaufen und erzählt uns, dass sie bereits seit gut 2 Jahren unterwegs sind. Wow, das wäre auch noch ein Traum zum Verwirklichen. Nach einem kurzen Schwatz finden wir zum Glück einen wunderschönen Campingplatz mitten im schönsten Regenwald. Daneben rauscht ein Bächlein und es geht nicht lange und Lorin findet einen kleinen Wasserfall mit einem tollen Pool. Nachdem wir das Zelt aufgestellt und eingeräumt haben, gehen wir alle zu diesem traumhaften Platz, wo wir uns wieder einmal so richtig schön waschen können. Mit Duschgel seifen wir uns ein, die Haare werden sauber gewaschen und schon bald sind wir wieder richtig happy. Was haben wir uns heute auf eine Dusche gefreut – Dusche gibt es hier keine, aber dafür diesen tollen Pool. Wir brauchen nicht mehr, that’s enough. Sowieso erfreuen wir uns wieder an ganz wenigen Sachen oder Annehmlichkeiten. Für Ariane war es gestern das Hände waschen mit Seife und warmem Wasser, und für mich ist es immer das Händewaschen mit Seife – wann immer ich ein WC finden kann wo ich mal saubere Hände kriegen kann, eine Wohltat. Vor allem hier in diesem feuchten Klima, alles ist so klebrig und schweissig, da ist es eine richtige Wohltat einmal schon nur die Hände zu waschen. Und heute wieder einmal sich im Süsswasser zu baden – in den letzten drei Tagen haben wir so viel geschwitzt und auf einem Campingplatz hatten wir nicht mal einen Wasserhahn, auf dem anderen total limitiertes Wasser. Was will man mehr als ein sauberes Bächlein – einfach himmlisch! Da ist eine saubere Toilette nur noch Luxus und nicht mehr so wichtig…

Ariane wäscht noch unsere stinkigen Kleider im Bach und dann fahren wir auf unseren Velos etwas weiter am See entlang bis zum grössten Spruce-Tree der Welt (wir wissen nicht genau was ein Spruce-Tree ist, irgend eine Tannen-Art???) Und tatsächlich, ist dies ein mächtiger Baum – wow. In der Kamera muss ich Lorin vor dem Baumstamm richtig suchen, er ist so klein gegen diesen Riesen. Eindrücklich!

Zurück auf dem Campingplatz kochen wir unser Abendessen, während die Kinder noch einmal in den Bach springen. Und nach dem Essen kommt ein Camping-Nachbar und bringt mir das vorher angetönte Bier, welches er extra kaufen gegangen ist. Er ist sehr interessiert was wir so machen, wie wir unterwegs sind etc. So sehr interessiert, dass er gar nicht mehr gehen will. Ich sollte noch diesen Bericht schreiben, aber was solls, wir sind ja auch da um Leute kennen zu lernen. Nun schreibe ich halt im Zelt und merke gerade, dass ich doch wieder viel zu viel geschrieben habe. Sorry, wenn ich heute etwas unkoordiniert getextet habe – drum mach ich jetzt Schluss 😉