11.08.2015 Hungry Bear Campground – Kalaloch Beach Campground, 82 km

Der Wecker nimmt uns heute früh aus den Federn. Um 5.30h stehen wir auf und verpacken unsere Sachen. Eine Stunde später ist alles ready und auf den Velos verladen. Wir entscheiden uns für einen warmen Kaffee im Hungry Bear Restaurant. Und wie es so ist, die Speisekarte wird uns hin gelegt und schon sind wir überzeugt, dass wir hier unser Frühstück essen und nicht wie geplant erst ca. 20 Kilometer weiter in Forks. Auch gut, die French Toasts sind nämlich tiptop und auch das Kindermenü mit Speck und Rührei und mit dem grossen Pancake. Eine gute Stunde und ca. 4 nachgefüllte Kaffeetassen später verlassen wir dieses typische Restaurant, wie man es irgendwo im Nirgendwo finden kann.

Auf der Strasse rauschen in horrendem Tempo viele Logging-Trucks hin und her. Manchmal kommen die mit Baumstämmen voll beladenen LKW’s vom Süden her, aber manchmal kommen genauso beladene Ungetüme vom Norden. Tja, da scheinen zwei verschiedene Holzfäller-Firmen sich zu konkurrenzieren und nicht miteinander zusammen zu arbeiten. Die meisten Trucks welche leer sind, fahren jedoch in unsere Richtung. Ansonsten hat es zwischendurch auch noch ein paar Autos, aber alles in allem ist der Verkehr i.O. Grundsätzlich sind wir uns aber einsamere Strassen gewohnt und vermissen diese auch ein bisschen. In Forks, dem Städtchen wo die Kino-Filmserie „Twilight“ gedreht worden ist, erwarten wir, dass mit diesem Film etwas Promotion betrieben wird. Doch ausser einem Ramschladen und einer Drogerie, welche in ihrem Firmennamen „Twilight“ integriert haben, sehen wir nichts was auf diese Sache hinweisen würde.

Hier legen wir einen Zwischenhalt im Citypark ein und kaufen unser Essen für das Abendessen ein. Es liegen noch ca. 60 Kilometer vor uns und wir freuen uns schon auf den Strand. Also nichts wie los. Die Fahrt ist nicht mehr so hügelig wie am Vortag, jedoch ist sie auch nicht sehr spannend. Wir schauen immer wieder in den Rückspiegel, so dass wir immer vorbereitet sind, wenn ein Truck oder ein Riesencamper von Hinten kommt. Ansonsten sehen wir nicht viel mehr als links und rechts einen Mischwald, hier und da einen riesigen Baumstrunk, welcher davon zeugt, was hier früher für Wahnsinnsbäume gestanden sind und an verschiedenen Berghängen sehen wir riesige, abgeholzte Flächen. Immer wieder werden wir von den Holzfäller-Firmen auf grossen Tafeln informiert, wann das gerade durchfahrene Waldstück abgeholzt, wann es aufgeforstet wurde und wann es wieder abgeholzt wird. Ein Beispiel ist: Abholzung 1986, Aufforstung 1987 und erneute Abholzung 2036. So wird hier nachhaltig gewirtschaftet. Leider aber sind die Riesenzedern alle abgeholzt und werden nie mehr so nachwachsen wie früher.

Immer wenn ein solches Ziel wie heute die Pazifische Küste vor einem liegt, dann zieht sich die Fahrt in die Länge. Und so auch heute. Bevor wir die Küste erreichen, schauen wir uns doch noch eine richtige Riesenzeder an, ein Baum ca. 82,6 Mal so breit wie Lorin. Er steht vor dem Stamm und man sieht ihn fast nicht, so mächtig ist dieser uralte Riese. Ein wunderbarer Regenwald, welchen wir hier bewundern können. Und doch zieht uns der Strand und wir machen uns auf die letzte Teilstrecke. Und dann ist es soweit. Durch die Bäume sehen wir die langgezogenen, weiss schäumenden Wellen, ein paar grosse Felsen welche diese Wellen brechen und ein feiner Dunst, welcher sich über den sehr breiten Strand legt. Sooooo schön! Und nun fahren wir dieser wunderbaren Küste entlang – aber sehen leider wieder nur Bäume. So schön die Bäume hier im Nationalpark, in welchem wir uns nämlich jetzt befinden, auch sind, wir möchten gerne auf den Beach sehen – für den sind wir ja gekommen. Aber es dauert noch ein paar Kilometer, bevor wir zum Campingplatz und somit zum Strandzugang kommen.

Und nun der Frust – „Camping Full“. Ist ja eigentlich klar, ein Nationalpark Campground direkt am wunderbarsten Strand und das erst noch in den Sommerferien. Nun ja, wer uns mittlerweile kennt, der weiss, dass wir nicht so schnell aufgeben. Wir treffen einen anderen Biker und fragen ihn mal – keine Ahnung, er suche mal die Camping Hosts. Ok, machen wir doch auch. Und nun beginnt das Suchen in diesem gross angelgten Campground. Doch plötzlich kommt uns ein Golf-Kart entgegen und darin sitzt ein sicher bereits seit 25 Jahren pensioniertes Päärchen. Sie sitzt am Steuer und ruft schon lange bevor sie neben uns still steht, ob sie uns helfen kann. Na klar kann sie das, ob es wohl einen Hiker/Biker Platz gibt? Oh well, das wissen wir nicht, da sind die Ranger zuständig. Wir sind hier um mit den Leuten zu plaudern – und dann das schönste Smile welches wahrscheinlich dank den 3. Zähnen so schön scheint. Na ja, das Camping-Host Leben hier muss schön sein… Also machen wir uns auf die Suche nach einem Ranger. Irgendwann treffen wir wieder auf den Golf-Kart und nun ruft er auf dem Beifahrersitz uns entgegen. Falls wir einen freien Platz finden, welcher erst ab morgen reserviert ist, dann könnt ihr den nehmen. Darauf haben wir uns gar nicht geachtet, also los und noch einmal von vorne die Runden drehen. Und tatsächlich werden wir fündig. Ein schön grosser Platz, welcher auch noch für das Zelt des anderen Radlers Platz bietet. Wir schnappen uns den Platz, rufen den zufällig auch gerade hier herum kurvende Radfahrer zu uns und laden ihn ein, bei uns auf dem Platz sein Zelt zu stellen. Er ist etwa gleich erleichtert wie wir, ansonsten ist er sehr wortkarg. Er ist ca. 55 Jahre alt, Mathematiklehrer und er hat uns schon gestern irgendwo auf der Strecke gesehen. Mehr wissen wir nicht von ihm. Während wir am Tisch essen, trinkt er an einem Tisch auf einem andern, noch leeren Platz, sein Bierchen. Wir haben ihn an den Tisch eingeladen, aber er wollte seine Karten studieren. Ich denke, er ist sicher ein guter Typ, will aber auf dem Fahrrad eher seine Ruhe suchen und haben. Na ja, uns ist es auch egal, wir hatten ja schon sooooo viele Gespräche und es tut auch mal gut unter sich zu sein.

Kaum haben wir das Zelt aufgestellt, gehen wir runter an den ca. 200 Meter breiten und unendlich langen Strand. Es liegen viele angeschwemmte Baumstämme hinten am Strand und gegen das Meer ist er einfach nur flach und sauber. Leider windet es so stark, dass man sich kaum da aufhalten kann. Wir verkriechen uns hinter einen Stapel Baumstämme und essen erst einmal ein paar Früchte. Die Kinder konnten es kaum erwarten im Sand zu spielen und Ariane geniesst es einfach am Strand ein bisschen zu dösen. Und in mir kommt ein kleines Schaudern hoch, wenn ich zu Ariane schaue. Sie, auf dem Rücken liegend und geniessend, aber immer mehr im Sand verschwindend. Wir sind zwar im Windschutz der Baumstämme, aber die Luftwirbel bringen den feinen Sand doch zu uns und Ariane ist schon bald einmal so fest mit Sand zugedeckt, dass man meinen könnte, sie würde sich vor irgendetwas Gefährlichem tarnen. Und die Kinder vergraben sich selbst fast ganz im Sand… Wer mich kennt, weiss, dass ich mich vor dem Sandstrand „fürchte“ und es nicht haben kann, wenn überall Sand drin ist oder etwas mit Sand voll ist. Ich weiss, ich weiss, schon wieder kann ich es nicht richtig geniessen. Aber meine Zeit kommt noch, denn nachdem sich Ariane doch irgendwie wieder aus dem Sand ausgräbt, gehen wir noch auf einen kleinen Strandspaziergang. Vorne in der Nähe des Wassers ist der Sand so fest, dass wir ganz gut darauf spazieren können. So schön, aber leider auch etwas kalt…

Nach unserem Strandabenteuer kochen wir uns ein feines Reisgericht, mit frischen Hühnchenstreifen verfeinert, rote, vermanschte Bohnen, Karottenstängel, Pepperoni-Stäbchen und ein unheimlich feiner Salat auch mit frischen Hühnchenstreifen angereichert. Welch ein Festschmaus und das mit nur einem kleinen Benzinkocher. Ä Guete.

Den Kaffee trinken wir während dem die Kinder in den Schlafsack kriechen. Die Sonne ist noch nicht ganz am Horizont, wir warten noch, bis wir den Sonnenuntergang geniessen können. Natürlich fehlen die gestern im Hungry Bear gekauften, frisch zubereiteten Cookies zum Kaffee nicht. Gute Nacht!

PS: der Sonnenuntergang war einmalig. Genau deswegen lohnt es sich, hier an diesen Strand zu kommen…