18.07.2015 Portland – Cascade Locks, 80 km

Wir wollen heute nicht allzu spät aus den Federn, denn ein langer Tag wartet auf uns. Zwischen Portland und Cascade Locks gäbe es einen oder zwei Campingplätze, aber schon vor langer Zeit haben Alani und Lorin ihren Wunsch, auf einem KOA Campingplatz übernachten zu dürfen, geäussert. KOA Campingplätze sind meist gut ausgestattet, mit Pool, Spielplatz, Spielzeug etc. Also haben wir abgemacht, dass wir bereits am ersten Tag eine längere Etappe auf uns nehmen.

6.00h ist geplante Weckzeit, doch Ariane und ich sind ca. 10 Minuten vorher wach. Auch gut, so können wir sofort mit Zusammenräumen und Packen beginnen. Die Kinder sind auch ziemlich schnell auf den Beinen. Zum Frühstück gibt es wie immer hier in den Staaten unser Apfel-Zimt-Porridge. Der Haferbrei welcher uns viel Kraft für den Tag gibt… Drei von uns essen ihn gerne, eine Person rümpft nur die Nase und sagt – „zu Hause ist’s besser…“. Tja, wahrscheinlich hat mein Zusatzmotörchen heute dann wieder einmal zu wenig Power, denke ich mir.

Wir fahren bereits vor 8.00h ab, natürlich nicht ohne uns von unseren Gastgebern herzlich zu verabschieden. Aus der Stadt raus sind wir schnell, finden ebenso schnell den perfekten Radweg und treffen viele Samstags-Radler welche ihre Morgenfitness absolvieren. Es macht richtig Spass, auf diesen tollen Fahrradstrassen zu radeln. Und das erst noch in der herrlichen Morgensonne. Es ist angenehm und noch nicht zu heiss.

Im schönen Örtchen Troutdale ist die Strasse total abgesperrt, wir dürfen durch laufen, jedoch nicht fahren. Auf beiden Seiten haben die Leute bereits ihre Stühle aufgestellt, später wird hier ein Umzug stattfinden. Der Sheriff wartet am anderen Ende der Strasse und staunt nicht schlecht über unsere Transportfahrzeuge – na ja, seinem Bauchumfang zu beurteilen wäre zwischendurch eine Ausfahrt auf einem Velo anstatt in seinem Streifenwagen auch nicht übel.

Auf dem Scenic Highway fahren wir nun ruhig bergauf. Es wird wärmer und heisser, aber wir kommen dennoch gut voran. Beim ersten Aussichtspunkt werden wir mit den Worten „aha, dir sit Schwizer…“ angesprochen. Ein älterer Mann, vor ca. 50 Jahren hier hin ausgewandert, spricht einige Worte mit uns und sucht zwischendurch nach den geeigneten schweizerdeutschen Worten. Er hat Freude, wieder einmal in seiner bereits fast verlernten Muttersprache zu sprechen.

Die Fahrt geht weiter, diesmal runter und von einem zum nächsten Aussichspunkt oder Wasserfall. Schön ist es hier, aber auch schön überfüllt. Sind wir doch vor 2 Stunden tatsächlich noch praktisch ohne Verkehr den Berg rauf gefahren, hat es jetzt von Kurve zu Kurve immer mehr Fahrzeuge um uns. Es geht soweit, bis wir links von der stehenden Autokolonne unseren Weg suchen. Die stehen, weil ca. ein halber Kilometer weiter vorne jeder Einzelne seinen Parkplatz sucht – viel Vergnügen. Wir können mit unseren Velos einfach vorne hin fahren und stehen bereits am Wasserfall – mit hunderten wenn nicht tausenden anderen Leuten. Aber ausser Amerikaner sieht man hier fast keine ausländischen Touristen.

Es ist mittlerweile über 35 Grad, und auf bestimmten sonnenausgesetzten Rampen fühlen wir uns wie in einem Backofen. Die letzten Kilometer können wir zum Glück auf dem neu angelegten Veloweg zurücklegen. Ansonsten hätten wir auf den Interstate Highway ausweichen müssen. Der ist aber ziemlich voll mit schnellen Autos und Trucks. Aber früher musste man wirklich dort fahren, die „Achtung-Bike-Schilder“ stehen heute noch an der Autobahn.

Wir alle freuen uns, als wir ins Städtchen Cascade Locks einfahren. Etwas ausserhalb biegen wir auf den besagten KOA Campingplatz ein und fragen nach einem Platz für unser Zelt. Tja, alles voll und keine Chance mehr – sagt uns der ältere Herr an der Kasse. Seine Frau kommt von hinten zu uns und fragt uns nach den coolen Bicycles. Ja, wir sind seit Stunden unterwegs, es gefällt uns auch wenn es heiss und etwas touristisch ist, die Kinder haben sich bereits in der Schweiz auf diesen KOA gefreut und die Amerikaner sind ja alles so nette Leute. Mit etwa diesen Worten „schleimen“ wir uns an sie und setzen unsere allerbesten Bernhardineraugen auf, die Kinder schauen drein wie sie keinen Meter weiter gehen könnten und vor allem zeigen sie ihre riesige Enttäuschung.

Wartet mal, sagt die Frau, spricht mit ihrem Mann ein deutlicheres Wörtchen, hängt sich an den Telefonapparat und schon ist es möglich, doch noch hier zu nächtigen. Es sei ein Material-Abstellplatz und nicht sehr schön – ist uns egal, wir brauchen keinen Luxus. Also setzt sich ein junger Angestellter (oder ihr Sohn?) an den Computer und gibt uns einen scheinbar längst verwahrlosten Platz mit Stromanschluss und sogar Kabel-TV-Anschluss. Verwahrlost? Kein Luxus? Hallo??? Wir sehen dann, neben dem Platz steht ein alter Schiffscontainer, aber ansonsten liegt er mitten im Wald, unter hohen Bäumen und einfach wunderbar – was brauchen wir mehr?

Schnell ist das Zelt gestellt, Ariane und Lorin richten es ein und Alani und ich fahren noch einmal 1,5 km zurück ins Städtchen um dort einzukaufen. Bei brütender Hitze wieder zurück und dann sofort zu den anderen in den Pool. Herrlich!

Beim selber geköchelten Nachtessen – Teigwaren natürlich – wird es dann extrem heiss. Vor allem hat sich irgendwie eine Feuchtigkeit verbreitet, unglaublich schnell ist es praktisch unaushaltbar geworden. Vor 2 Minuten hatten wir alle noch einen Mordshunger, und nun können wir fast nichts mehr essen. Wir sitzen oder liegen nur noch da wie halbtote Fliegen. Unangenehm. Irgendwann müssen wir dann ca. 2/3 des Essens leider wegwerfen – aber wir können einfach nicht mehr. Danach abwaschen und ab ins Bett. Ich sitze nun hier in der Finsternis und schreibe noch über die heutigen Erlebnisse.

Morgen nehmen wir einen ruhigen Tag, nur wenige Kilometer und dann treffen wir uns mit den nächsten netten Leuten, welche uns ein Bett zur Verfügung stellen. Die sind schon ganz aufgeregt, haben uns schon eine Email geschrieben mit Fragen über Fragen, was wir wünschen, was sie einkaufen sollen, ob wir mit ihnen Biken oder Wandern wollen – oder doch einfach nur Baden… Nett, aber wir lassen wahrscheinlich aufgrund anderer sportlicher Tätigkeiten während den nächsten paar Wochen das Wandern definitiv aus…

Bitte entschuldigt, dass ich immer noch keine Bilder aufgeschaltet habe. Die Verbindung hier ist hundsmiserabel – oder es sind einfach zu viele Leute an ihren Gerätchen, so dass halt einfach nicht mehr als etwas Text durch die Leitung fliesst… Aber habt einfach ein wenig Gedult!

Uns geht es wunderbar…