28.07.2015 Entiat – Chelan, 48 km (61 km mit den Irrwegen in der Stadt)

Mitten in der Nacht sind die Sprinkleranlagen angelaufen – zwar direkt neben unserem Zelt, aber zum Glück in die andere Richtung. Tatsächlich sind direkt neben den Zeltplätzen jeweils Sprinkler im Boden eingelassen, die aber eben weg vom Zelt spritzen. Es geht schnell und man hört sie nicht mehr und schläft wieder ein.

Um 7.00h stehen wir auf und geniessen am See unser Frühstück. Zuerst müssen wir noch einige Kleiderschichten anziehen, doch als plötzlich der Wind zusammenbricht, ziehen wir Schicht um Schicht wieder aus. Es wird warm, wie uns der Camping-Host sagt, soll es wieder bis knapp 40 Grad warm werden. Wir lassen es einfach wieder auf uns zu kommen und geniessen es, dass wenigstens die Nächte wieder etwas wärmer sind. Um 9.00h ist alles verpackt und geladen und wir starten 20 Minuten später um uns auf dem neuen und schönen Fahrradweg während der ersten Meilen einzufahren. Unterwegs stoppen wir bei dieser und jener Informationstafel und klären uns über den Entiat-Indianerstamm auf, welcher vor der Besiedelung in diesem Gebiet hauptsächlich vom Fischfang lebte.

Nach gut 10 Meilen oder eben 16 Kilometern entlang des Columbia Rivers, biegt die Strasse links weg und den Hügel hinauf. Fertig eingefahren, jetzt geht’s ans Lebendige. Schon nach einigen Metern fliesst der Schweiss und wir gewinnen Höhenmeter um Höhenmeter. Es dauert nicht lange, und wir können von oben herab auf den Columbia River schauen. Danach biegen wir ein in ein schönes, höher gelegenes Tal ein. Wunderbar, absolut kein Verkehr, nur ein paar vereinzelte Häuser und vermehrt wieder Pinien, welche in der warmen Sonne wunderbar riechen. Wir geniessen diese Fahrt in vollen Zügen – wunderbar und ich kann mir so richtig vorstellen wie hier früher die Indianer durchgestreift sind. Wir schwitzen bei einem weiteren steilen Aufstieg noch einmal so richtig was das Zeugs hält und was wir schwitzen können. Aber danach folgt eine herrliche Abfahrt zum Lake Chelan. Schon von weit oben sehen wir auf den See runter, welch wunderbare Aussicht.

Entlang des ganzen Sees sind grosse Weingüter auszumachen, natürlich auch sehr grosse Villen und Ferienhäuser. Auf dem See tummeln sich viele Motorboote und Wassertöffs, das was die Amerikaner am liebsten machen – neben dem Rasen mähen 😉 Unten am See radeln wir noch weitere 16 Kilometer bis zum Städtchen Chelan. Es ist ein schöner Ort, sicher für die amerikanischen und ein paar andere Touristen, aber für mich sieht es zu stark nach Ferienressort aus und es läuft hier zu viel am und auf dem Wasser. Ich geniesse mehr die Ruhe, welche wir gestern am Columbia River hatten. Kaum Leute auf dem Campingplatz und auf dem Wasser sowieso nicht. Es hat halt nicht so viele Läden und Geschäfte wie hier, doch alles ist viel ruhiger und ursprünglicher.

Auf dem State Camping fahren wir mit grosser Hoffnung auf einen schönen Platz ein. Das junge, schön geschminkte und tussihafte Girl schüttelt nur den Kopf und sagt „we’re fully booked“. Nach unserem Nachfragen mit treuherzigen Augen und dem kleinen Vorschieben der Kinder schüttelt sie immer noch ihren Kopf. 15 Meilen „down the road“ finden wir den nächsten Campingplatz. Schön und gut, aber 15 Meilen auf dem Fahrrad ist nicht in 20 Minuten gemacht. Klar hätten wir es geschafft, aber wir wollten einfach hier bleiben. Also lassen wir einfach nicht locker, denn der Campingplatz sieht vom Eingang aus sehr gross aus. Nun verlässt sie doch noch ihren angenehmen Bürostuhl und läuft rüber zum Büro des Chefs. Ohne News kommt sie sofort wieder raus und sagt, sie müsse versuchen ihn am Telefon zu erreichen. Und siehe da, sie haben da anscheinend noch „walk in Sites“ – also für jene ohne grosses Auto. Hallo??? Wir haben doch gesagt wir haben kein Auto und nur Fahrräder! Also doch, wir dürfen bleiben und müssen dafür auch bezahlen – logisch, wollen wir auch, aber 40 Dollar für einen Platz ohne Tisch und direkt neben der Dumping-Station wo die riesigen rollenden Wohncontainer ihr Abwasser raus lassen und neben der Hauptstrasse die hinter dem Zelt durch führt? Tja, Hauptsache wir haben einen Platz und da wollen wir uns ja nicht beklagen.

Schnell ist das Zelt aufgestellt und wir sind umgezogen. Wir fahren zum Einkaufen ins Städtchen, kaufen viel zu Trinken und noch viel mehr zum Essen. Die Box mit den 16 riesigen Pouletstücken ist ein überdimensionaler Sandkasten-Kessel. Sicher 2 Kilo frittiertes Poulet, eigentlich pervers die Gösse und noch viel blöder, dass wir dies auch noch kaufen… Aber man sollte nie mit leerem Radlermagen in einen grossen Supermarkt einkaufen gehen – aber immer wieder gewinnt die Unvernunft gegen die Vernunft (wenns ums Essen geht jedenfalls…). Im schönen Park am Strand essen wir unanständig und ohne jeglichen Anstand wie ausgehungerte Piraten. Aber genau so schmekt das frittierte Hühnchen am besten. Um unser Gewissen ein bisschen zu beruhigen, essen wir auch einen Viertel einer Wassermelone und Blaubeeren. Und schon kommt wieder das schlechte Gewissen – natürlich darf ein grosser Sack mit Chips nicht fehlen 😉 Gewissen hin oder her, in den nächsten Tagen haben wir mehr als genug die Möglichkeit, diese Kalorien wieder abzubauen 😉

Nach dem Baden im See machen wir uns auf die Suche nach einem Bike-Shop. Gar nicht einfach hier in Chelan. Nach mehrmaligem Nachfragen im Info-Center und in einem Rental-Shop, werden wir dann doch noch nach „3/4 Miles down the road…“ geschickt. Nun, wir wissen ja seit zwei Jahren, dass „down the road“ nicht wirklich wörtlich zu übersetzen ist. Es geht nämlich nicht runter, sondern sicher einen Kilometer eine tolle Steigung an der prallen Sonne rauf. Hinten wieder runter und irgendwo ganz alleine auf einer riesigen Parzelle steht ein schönes Häuschen – der Bike-Shop. Tja, alle Shops hier haben ein „Open“ Zeichen im Fenster hängen, doch dieser Bike Shop hat ein Schild hängen mit „sorry, we are closed“. Paaaahhhh, total nass vor Schweiss stehen wir da wie die allerletzten Looser. Na dann, wieder hinauf und auf der anderen Seite wieder runter. Kein Öl für unsere Ketten die mittlerweile ein ziemlich ätzendes Geräusch von sich geben. Mal schauen, ob wir morgen auf dem Weg irgendwo noch etwas finden.

Abendessen gibt es die Resten der 2 Kilo Hühnchen und Chips – und natürlich Blaubeeren. Wir schwören uns, nie und nimmer mehr eine 2 Kilo Kiste voll frittiertes Hühnchen zu kaufen. Obschon – wir haben alles gegessen… Danach noch einmal an den nun fast menschenleeren Strand und ein Abendbad und weiter in die Stadt. Die Kinder wollen unbedingt noch ein Eiscreme und dieses holen wir dort ab, wo es anscheinend die grössten Cones of Town gibt. Und tatsächlich, bei uns wird nicht mal so viel Eiscreme in ein Coupe-Glas gefüllt. Ok, noch ein paar Kalorien mehr, das machts kaum aus…

Auf dem Rückweg zum Campingplatz nun noch das Tages-Highlight. Ich beginne etwas früher, beim Strand. Na klar, ich bin ganz ehrlich, es tummelt sich ja so einiges am Strand herum – und man wäre ja kein Mann wenn man nicht hinter seiner Sonnenbrille das eine oder andere etwas besser ins Visier nähme 😉 Ok, keine falschen Gedanken – aber wie gesagt, man muss einfach ehrlich sein. Wenn ich mich den ganzen Tag, die ganze Woche und den ganzen Monat an schönen Bergen, Wäldern, Flüssen und sonstigen Sehenswürdigkeiten hier im Nordwesten erfreuen kann, dann kann ich mich auch mal für eine ganz kurze Zeit an anderen gut aussehenden Wesen erfreuen. Natürlich weiss ich, dass es hier ein über 40 jähriger schwer hat mit zu halten. Vor allem wenn ich da die paar Waschbretter der männlichen Konkurrenz ansehen muss… Aber das gehört alles nur zur Vorgeschichte von dem, was nun kommt. Ich gehe also auf dem Rückweg zum Campingplatz noch einmal schnell in den Supermarkt, schnappe mir ein kühles Bierchen, welches ich während dem Schreiben geniessen werde und stelle es bei der Kassierin auf das Band. Und nun kommts… Das müsst ihr euch nun auf der Zunge vergehen lassen – einfach geniessen: „May I see your ID?“ Haaaaa, ich kann mich kaum fassen, starre das junge Mädchen an der Kasse mit riesigen Augen an, schlucke zwei, drei Mal und wahrscheinlich erröte ich wie eine junge Tomate nach dem ersten Sonnenbrand. Meine Antwort: „ID???? Huh, hmmm, ohhh. You know, it would be a pleasure to show you, but it’s on the campground…“ Noch so gerne würde ich die ID zücken, denn in ihren Augen bin ich ja wahrscheinlich noch keine 21 Jahre alt. Leider habe ich sie beim Zelt liegen gelassen (was ja auch etwas fahrlässig ist). Nach einer eingehenden Musterung ihrerseits und der Angabe meines Geburtsdatums nimmt sie mir meine Aussage ausnahmsweise ab. Aber ich sage euch, ich hätte mein Bier mit erhobenem Hauptes zurück ins Regal gestellt, hätte sie mir nicht geglaubt. Wahrscheinlich hätte ich sie umarmt, dass ich das Bier nicht hätte kaufen können. Ich wäre sofort an den Strand zurück gelaufen und hätte mich als unter 21 jähriger präsentiert – nun ja, dort sind um diese Zeit nur noch pensionierte Leute welche den Sonnenuntergang geniessen. Die Chicks haben sicher schon alle ihren Gockel gefunden… Ok, ich beklage mich keines Falls. Wir haben heute dieses Thema mit den Kindern bereits durchgenommen. Mit diesen Tussies, wie sie hier rum stolzieren könnte ich wohl kaum eine Velotour durch den US Nordwesten unternehmen. Und wenn auch, ich möchte auf keinen Fall tauschen. Ich weiss was ich habe und weiss wie viel mir meine ganze Familie Wert ist. Aber lustig war’s so oder so 😉

Hey, leider schafft es der unter 21 jährige auch heute nicht ein geeignetes W-Lan zu finden um die Bilder hoch zu laden. Ich gebe mir Mühe, es in den nächsten Tagen mal zu machen. Obschon, wir kommen in etwas abgelegeneres Gebiet…